Wildschaden an Mais- und Wiesenflächen, Mitverschulden

Häufig sperrt sich der Landwirt bei einer Zusammenarbeit zur Vermeidung von Wildschäden an Mais- und Wiesenflächen. Dabei verkennt der Landwirt oft, dass ihn eine Schadensminderungspflicht trifft und ihm schnell ein Mitverschulden entgegengehalten werden kann. Und er verkennt den beiderseitigen Vorteil der Schadensminderung.
Nicht nur der Jagdpächter hat Pflichten, auch der Landwirt hat zur Abwendung eines drohenden Mitverschuldens mit dem Jagdpächter zusammenzuarbeiten.

Dazu fassen wir einige Stellungnahmen aus Literatur und Rechtsprechung zusammen:
Der § 254 BGB beruht auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung seiner Schadensansprüche hinnehmen muss.
Ein anspruchsausschließendes Mitverschulden soll den Landwirt treffen, der bestimmte Ansaaten vornimmt, bei denen nach Lage des gewählten Grundstücks („Situationsgebundenheit“) und nach Wahl der zu bestellenden Kultur mit Sicherheit ein übermäßiger Wildschaden zu erwarten ist. Es verbietet sich, ohne Rücksicht auf die Situationsgebundenheit eines Grundstücks, den höchstmöglich erscheinenden Ertrag anzustreben.
Dem Landwirt kann selbstverständlich nicht vorgeschrieben werden, was er auf seinen Flächen anbaut. Diese Freiheit der Anbaumethoden kann im Fall eines (überwiegenden) Mitverschuldens aber dazu führen, dass ihm kein Anspruch auf Wildschadenersatz zusteht.
Auch der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) Wildschaden durch den Eigentümer in gewissem Umfang ohnehin entschädigungslos hinzunehmen ist. Das Maß dieser Pflichtigkeit bestimme sich nach Lage und Beschaffenheit des Grundstücks, sowie seiner Einbettung in die Landschaft und Natur, mithin seiner „Situation“. Eine Hinnahme gewisser Wildschäden stelle sich daher grundsätzlich als Ausdruck der Sozialbindung dar.
Es trifft auch den Landwirt ein Mitverschulden, der ohne Rücksicht auf die Situation und in Kenntnis der Unbejagbarkeit einer Fläche (Mais bis zum Waldrand) auf die Schaffung von wirksamen Bejagungsmöglichkeiten, etwa durch Anlegung von Bejagungsschneisen in der Hauptfrucht und Sichtstreifen zwischen Hauptfrucht und Waldrand verzichtet.
Beispiele für ein Mitverschulden des Landwirtes aus der deutschen Rechtsprechung:
• nicht ordnungsgemäße Landbewirtschaftung, etwa durch Einpflügen von Bodenfrüchten oder Unterpflügen von abgehäckseltem, nicht abgeerntetem Mais mit nachfolgender Getreideaussaat (Landgericht Schwerin; Urteil vom 8.11.2002, 6S 269/01
• Fehlende Anlegung von Bejagungsschneisen in der Hauptfrucht und Sichtstreifen zwischen Hauptfrucht und Waldrand (Belling in Staudinger: Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2008, § 835 BGB, Rn. 3)
• ersichtlich wildschadensgefährdeter Anbau (Amtsgericht Garmisch- Partenkirchen in Rdl 1968, 243; Amtsgericht Bad Segeberg in MDR 1952, 167); z.B. besonders wildschadensgefährdete Kultur an bekannt wildschadensgefährdetem Waldrand (Englaender in AgrarR 1976 S. 40)“
Wildschadensverhütung wird also nicht nur vom Jagdpächter gefordert, sondern auch vom Landwirt. Der § 32 BJG ist sinngemäß so zu interpretieren, dass der bewirtschaftende Landwirt Schutzvorkehrungen ermöglichen muss und diese zu dulden hat. Der § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) „Mitverschulden“ geht noch weiter und fordert an der Schadensverhütung mitzuwirken. Je nach Schadensanfälligkeit der Kultur ist laut BJG ein Mehr oder Weniger an Mitwirkungspflicht zu verlangen.
Darüber hinaus ist die Freihaltung der Randflächen, die nicht zum bewirtschafteten Grundstück gehören, eine Selbstverständlichkeit.

Damit ein Mitverschulden greifen kann, sollten Sie genau Dokumentieren, welche Maßnahmen der Schadensminderung der Geschädigte Landwirt verweigert hat. Sie sollten Ihm konkrete Vorschläge zur Schadensminderung unterbreiten und ihn darauf hinweisen, dass auch ein Mitverschulden von 100 % die Folge sein kann.

Dabei ist eine möglichst lückenlose Dokumentation immer nützlich. Über das Wie der Dokumentation ist gerade beim Mais die Fotodokumentation immer das Beste; entweder von erhöhter Position oder via Drohne.

Entsprechende Verhandlungen mit dem Landwirt und eine schriftliche Vereinbarung wäre dabei für beide Parteien ein sinnvoller Einstieg. Darin sollte vereinbart werden, dass der Landwirt über den Zeitpunkt der Aussaat und der Ernte informiert, Regelung zu Elektrozäunen, Randstreifen, Bejagungsschneisen, Sichtschneisen und Kirrungen im Mais, Entschädigungen des Landwirtes, etc.
Einen solchen Vorschlag für eine entsprechende Vereinbarung finden Sie auf www.jagdrecht.de/formulare-texte

Lehnt der Landwirt solche Vereinbarungen ab, kann ihm das entgegen gehalten werden

Notfalls sollte man es auch einmal auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Es ist manchmal überraschend für den Kläger, wenn die Schadenshöhe sich nicht halten lässt, oder wenn formelle Mängel im Vorverfahren dem Kläger Schwierigkeiten im Klageverfahren bereiten. Wenn man dann auch noch durch ein Teilanerkenntnis vorab das Prozessrisiko gering hält, verliert der Kläger für die Zukunft die Lust an solchen Verfahren.

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